Webinaritis


Naja, ich gebe zu, die Überschrift ist ein wenig provokant. Webinare sind schliesslich keine Krankheit. 🙂  Aber in letzter Zeit kann man sich ja kaum vor Webinaren retten. Und jeder der Gurus erzĂ€hlt, dass Webinare einfach unverzichtbar sind im Online-Marketing. Entsprechend sind etliche Webinar-Plattformen entstanden. Und da niemand soviel Zeit hat, jeden Tag ein oder sogar mehrere Webinare abzuhalten, gibt es auch die Möglichkeit, automatisierte Webinare zu veranstalten.

Die Vorteile von Webinaren im Marketing-Mix

Die Vorteile von Webinaren sind ja unbestritten. Sie sind ein hervorragendes Mittel bei der Lösung eines Hauptproblems im Online-Marketing – dem notwendigen Vertrauensaufbau zum potentiellen Kunden. Im Allgemeinen gilt, dass bis zu 7 Kontakte zum potentiellen Kunden notwendig sind, damit dieser genug Vertrauen zum Produktgeber aufgebaut hat, um zum Kauf bereit zu sein. Deshalb ist es in der Regel nicht von Erfolg gekrönt, wenn man einen (Seiten-) Besucher sofort zum Kauf animieren will. Von daher rĂŒhrt das allgemein anerkannte Prinzip, zunĂ€chst Email-Adressen einzusammeln, indem man im Gegenzug ein kostenloses Info-Produkt anbietet. Über die gesammelten Email-Adressen kann man dann den Interessenten mit einer Serie von Emails weiteren wertvollen Content zukommen lassen und so nach und nach das Vertrauen erlangen, um die Interessenten in Kunden zu verwandeln. Immer vorausgesetzt, die Emails bieten auch wirklich wertvolle Informationen fĂŒr die Leser.

Das klingt nach einem lĂ€ngeren Prozeß. Und das ist es auch. Mit Webinaren kann man das ganz erheblich verkĂŒrzen. Im Webinar hat der Besucher das GefĂŒhl, im direkten Kontakt zum Veranstalter zu stehen. Zumal bei Live-Webinaren auch noch die Möglichkeit besteht, ĂŒber den Chat Fragen zu stellen und sofort eine Antwort zu erhalten. Das schafft ganz automatisch eine vertrauensvolle Beziehung. Nicht von ungefĂ€hr werden in vielen Webinaren zum Schluß Verkaufsangebote gemacht. Und das meist mit großem Erfolg. Die Verkaufsrate ist bei vielen Webinaren enorm.

Der Webinar-Ablauf

FĂŒr die Webinare selbst hat sich ein fast standardisierter Ablauf eingebĂŒrgert. ZunĂ€chst stellt der Veranstalter sich und seinen Werdegang vor. Damit wird der eigene Expertenstatus untermauert und den Teilnehmern klargemacht, dass der Moderator genĂŒgend Erfahrungen hat, um ihnen tatsĂ€chlich etwas beizubringen. Im Anschluß wird das Problem der Teilnehmer dargestellt und ihnen aufgezeigt, was die Lösung des Problems fĂŒr positive Auswirkungen auf ihr Leben hĂ€tte. Danach werden einige Elemente erlĂ€utert, die zur Lösung des Problems hinfĂŒhren. Allerdings, ohne hier wirklich sehr in die Tiefe zu gehen.

Letztendlich fĂŒhrt das alles zum konkreten Angebot eines Infoproduktes, meist eines Online-Kurses oder Abos. Nun wird noch gezeigt, was das Produkt alles enthĂ€lt und wie es das Problem der Webinarteilnehmer lösen kann. Es wird ein, meist recht hoher, Preis genannt und begrĂŒndet. Und dann folgt das super-duper Sonderangebot mit starker Rabattierung, natĂŒrlich nur fĂŒr die Webinarteilnehmer und wenn sie sich relativ schnell fĂŒr den Kauf entscheiden. Um das Angebot noch unwiderstehlicher zu machen, werden oft mehrere mehr oder weniger wertvolle Boni hinzugefĂŒgt, die es mit dem Hauptprodukt zusammen als kostenlose Dreingabe gibt. Aber nur, wenn man sich schnell entscheidet. Bei einem Live-Webinar folgt dann noch ein Frage-und-Antwort-Teil. Die Teilnehmer können ĂŒber die Chat-Funktion Fragen stellen, die der Veranstalter sofort beantwortet.

Webinar-Einladung und -nachbereitung

Quasi eingerahmt sind die Webinare durch Email-Serien. In der Einladungsmail wird stark betont, dass das Webinar kostenlos ist und trotzdem super interessanter Content geboten wird. Es wird nicht erwĂ€hnt, dass im Webinar etwas verkauft werden soll. Hat man sich eingetragen, folgen noch weitere Emails, die immer wieder an den Termin erinnern. Die letzte Email kommt ĂŒblicherweise ca. 15 min vor Beginn des Webinars. Und nach dem Webinar kommen dann noch Jubel- und Danke-Mails. Jubel ĂŒber das gaaanz tolle Webinar mit sooo vielen begeisterten Teilnehmern. Und Danke auch fĂŒr Deine Teilnahme. Dann folgt natĂŒrlich nochmal der Link zum Angebot und der Hinweis, dass es nur begrenzte Zeit zur VerfĂŒgung steht.

Ich sollte noch dazu sagen, dass dieser Ablauf typisch ist fĂŒr Webinare, in denen es in irgendeiner Form um das Thema „Geld verdienen im Internet“ geht. Wer wie ich recht hĂ€ufig solche Webinare besucht, kennt diesen Ablauf schon fast auswendig. Und aufgrund dieser Erfahrungen weiß man auch, dass es auf ein Kaufangebot hinlĂ€uft, auch wenn das vorher nicht gesagt wird. 

Was wollen die Teilnehmer?

Die meisten Besucher dieser Webinare sind gar nicht so sehr am Kauf eines Kurses interessiert. Aber sie erhoffen sich trotzdem die nĂŒtzlichen Informationen, die ja in der WebinarankĂŒndigung versprochen werden. Und darin liegt mittlerweile auch die Gefahr fĂŒr den Veranstalter. Ist die AnkĂŒndigung zu euphorisch und die angekĂŒndigten kostenlosen Infos kommen nicht in dem versprochenen Umfang, dann werden die Webinarteilnehmer sauer und verlassen reihenweise das Webinar. Da kann man dann auch nichts mehr verkaufen.

Schlechte Beispiele

Und genau das habe ich in der letzten Zeit bereits zweimal erlebt. Einmal war es das Webinar eines Newcomers, einmal das eines bekannten Online-Marketers. Und beide krankten an den gleichen Problemen. ZunĂ€chst wurde endlos ĂŒber die eigene Entwicklung palavert. Dann im Content-Teil wurden zwar einige gehaltvolle Informationen vermittelt, aber lĂ€ngst nicht in dem Maße, wie man angesichts der AnkĂŒndigungen hĂ€tte erwarten können. Und das Anpreisen des Produktes zog sich ebenfalls sehr in die LĂ€nge, ohne dass beide den trotz Webinarnachlass und Boni recht hohen Preis hĂ€tten wirklich angemessen erscheinen lassen. Da in beiden Webinaren die Chat-Funktionen nicht gesperrt waren, konnte man sehr schön mitlesen, wie die Teilnehmer die PrĂ€sentation empfanden. Die meisten Kommentare waren nicht eben freundlich.Und im Verlauf des Webinars sind immer mehr Teilnehmer ausgestiegen. Das ist kein gutes Zeichen.

Vollends skurril wird es, wenn trotz des offensichtlichen Mißerfolgs des Webinars im Anschluß trotzdem die, natĂŒrlich vorher schon vorbereiteten, Jubel-Emails verschickt werden. In dem Fall des bekannten Online-Marketers sogar sowohl vom PrĂ€sentator, als auch von den beiden Kooperationspartnern, die das Webinar organisiert und dazu ĂŒber ihre diversen Email-Listen eingeladen hatten. Ich habe insgesamt 4 Jubel-Emails bekommen. FĂŒr das Renommee und die GlaubwĂŒrdigkeit der beteiligten Marketer ist das nicht eben förderlich. Der Newcomer dagegen hat sich im Anschluss bei den Webinar-Teilnehmern wenigstens entschuldigt und fĂŒr die Zukunft bessere Webinare angekĂŒndigt. Das nenne ich GrĂ¶ĂŸe!

Wie geht es weiter?

Vielleicht hat sich auch diese Art der Webinare mittlerweile ĂŒberlebt. Vielleicht muss ein anderer Ablauf her. Vielleicht muß auch nicht jedes Webinar auf ein Produktangebot hinauslaufen. Naja ich gebe zu, ich habe jetzt auch kein Patentrezept parat. Aber man sollte schon mal darĂŒber nachdenken, ob die Webinare in dieser altbekannten Form noch up-to-date sind. Was meint Ihr dazu? 

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