… und was ist mit Facebook?

Bis wenige Tage nach dem Inkrafttreten der DSGVO schien Facebook noch nicht so ein Problem dazustellen. Verschiedene Experten haben empfohlen, bei Facebook-Seiten (früher Fanpages) zusätzlich zum Impressum noch eine Datenschutzerklärung einzubauen. Und damit sollte man dann auf der sicheren Seite sein. Doch dann kam ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes …

Der Ursprung dieser juristischen Finesse liegt schon etliche Jahre zurück. Im November 2011 forderte das unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein die dortige Wirtschaftsakademie auf, ihre Facebook-Seite zu löschen. Laut Begründung sammelte Facebook über die Seite Daten der Besucher, ohne dass Facebook oder die Wirtschaftsakademie die Seitenbesucher darüber aufklärten. Das lehnte die Akademie ab, weil sie Facebook nicht mit der Datensammlung beauftragt hatte und diese weder kontrollieren noch unterbinden könne. 

Dem gesunden Menschenverstand scheint diese Begründung logisch, oder? Aber die Datenschützer mochten das nicht einsehen. Auch die Akademie rückte von ihrem Standpunkt nicht ab. Und so klagte man sich 7 Jahre lang durch alle Instanzen. Der EuGH als letzte Instanz fällte nun am 05.06.2018 ein Urteil, das mit gesundem Menschenverstand nichts mehr zu tun hat.

Ich zitiere jetzt einen Ausschnitt aus einem Artikel der Juristin Anja Neubauer vom 05.06.2018 auf dem Internet-Portal MEEDIA, weil ich es selber nicht besser erläutern kann:

„Der EuGH hat nun letztinstanzlich knallhart reagiert: Auch wenn für die Wirtschaftsakademie nicht vermeidbar sei, dass Facebook diese Daten sammele, so hafte sie gemeinschaftlich mit Facebook zusammen für diesen Verstoß. Der Betreiber einer solchen „Fan-Page“ sei durch die von ihm vorgenommene Parametrierung (Zielpublikum, Ziele der Steuerung oder Förderung seiner Tätigkeiten) an der Sammlung der personenbezogenen Daten der Besucher beteiligt. Auch lässt der EuGH die Argumentation nicht gelten, dass man als Seitenbetreiber die Sammlung nicht ausschließen könnte. Denn schließlich kann man diese Daten in Form von Statistiken als Seitenbetreiber sehen und entsprechend die Angebote gezielter gestalten. Auch wenn man diese Funktion nicht nutze, so bliebe es bei der Beachtung der Verpflichtung im Bereich des Schutzes personenbezogener Daten. Damit ist die Aufklärungspflicht gemeint und natürlich auch, dass der Nutzer – jetzt insbesondere nach der DSGVO – die Möglichkeit bekommen muss, der Datensammlung und – verarbeitung zu widersprechen.“

Was heißt das nun für die Seitenbetreiber? 

 Der EuGH hat 2 Dinge moniert:

  1. die fehlende Aufklärung der Seitenbesucher über die Datensammelei
  2. die fehlende Möglichkeit, dass der Seitenbesucher das Tracking abschalten kann

Punkt 1 könnte man als Seitenbetreiber mit einer entsprechenden Erklärung aus seiner Facebook-Seite lösen. Aber Punkt 2 ist für den Seitenbetreiber nicht lösbar. Denn den Knopf zum Ausschalten der Datensammlung müßte Facebook bereitstellen. Was bekanntermaßen bislang nicht erfolgt ist.

Frau Neubauer zieht daraus den Schluss, dass jeder seine Facebook-Seite sofort auf „nicht veröffentlichen“ stellen sollte. Und das so lange, bis Facebook den besagten Ausschaltknopf zur Verfügung stellt.

Aber es kommt noch härter. Wenn man den Vorgang konsequent zu Ende denkt, dann trifft das alles ja auch für Facebook-Gruppen und sogar die ganz normalen Profile zu. Denn auch hier werden die Daten der Besucher durch Facebook abgegriffen. Verrückt, oder? Dann wäre Facebook tot. Zumindest im europäischen Raum. Ob die Richter beim EuGH das bei ihrem Urteil im Sinn hatten?

Wie geht es nun weiter?

Frau Neubauer hat ihren Artikel am 05.06.2018, also direkt am Tag der Urteilsverkündung geschrieben. Mittlerweile sind schon wieder ein paar Tage ins Land gegangen und dieses Urteil war schnell wieder aus den Schlagzeilen raus. Es zeigt sich mal wieder, dass auch in der Juristerei nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wurde.

Meine liebe Kollegin und Facebook-Expertin Katrin Hill hat unterdessen die auf Online-Marketing-Recht spezialisierte Anwältin Sabrina Keese-Haufs interviewt. Frau Keese-Haufs hat ausgeführt, dass der Richterspruch des EuGH gar nicht so ohne Weiteres für uns hier bindend ist. Der Vorgang geht nämlich nun wieder zurück und den Bundesverwaltungsgerichtshof und der entscheidet letztlich, wie es weitergeht.

Die Empfehlung lautet: nicht in Panik verfallen; FB-Seiten nicht löschen, aber um Datenschutzklauseln ergänzen; im Übrigen abwarten, was die Zukunft in dieser Frage bringen wird. Die Facebook-Seiten von Frau Merkel, vom Bundeskanzleramt und anderer Behörden sind alle noch online. Also mußt auch Du Deine Seiten nicht vom Netz nehmen!

Hier gibt es das komplette Interview und noch ein paar Mustervorlagen für Deine Facebook-Seite zum Download: https://www.facebook.com/KatrinHillcom/videos/1746233975496958/?comment_id=1750668358386853&notif_id=1528788249461574&notif_t=video_reply

Die nächste Katastrophe

Leider war das EuGH-Urteil nicht die einzige Katastrophe für Internet-Marketer in letzter Zeit. Nein, es ging noch munter weiter. Ich meine die Urherberrechtsreform der EU, die bereits den Rechtsausschuss passiert hat und am 04. Juli im Parlament zur Abstimmung vorliegt. Hier ist insbesondere der Artikel 13 brisant, der verlangt, dass jedes Portal, das Inhalte veröffentlicht, diese durch sogenannte Upload-Filter auf die mögliche Verletzung von Urheberrechtsansprüchen prüfen lassen muss. Diese sind fehleranfällig und sehr teuer, so dass kleinere Anbieter kaum die Chance haben dürften, sie zu installieren. Das gefährdet die Geschäftsmodelle vieler kleinerer Anbieter, erschwert und behindert die journalistische Arbeit und kommt einer Zensur des Internet in nie gekanntem Ausmaß gleich.

Noch besteht die Chance, dies zu verhindern. Auf change.org kannst Du Dich an einer Petition beteiligen, die den europäischen Parlamentariern vor der Abstimmung übergeben werden wird. Hier kannst Du Dich an der Petition beteiligen:

 

Nun genug von Katastrophen. Ich freue mich auf Eure Kommentare.

 

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